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Erlebnisbericht Anhörung im Landeskirchenamt

2009 Oktober 1
von Rolf Thumm

Am Dienstag, den 1. September traf ich mit einem langjährigen Freund, Dr. Friedrich Wilhelm Fernau, im Landeskirchenamt ein. Im Foyer trafen wir dort Rechtsanwalt Belitz aus Schwerte. Pünktlich um 11.00 Uhr holte uns Iris Döring, Juristin und Theologin, neu im Dezernat 1, zuständig für das Abberufungsverfahren, eine sehr junge Frau, zum Gespräch nach oben. In ihrem Dienstzimmer wartete eine Sekretärin, die das Protokoll übernahm.

Nach der Vorstellung der Anwesenden beschrieb Frau Döring diese Anhörung als gesetzliche vorgeschriebene Voraussetzung für eine Beschlussfassung der Kirchenleitung. Danach übergab sie mir das Wort mit der Aufforderung, „beschreiben Sie mal Ihre Gemeindearbeit“.

Während meiner Darstellung, ich sprach auch über die jahrzehntelange enge und gute Zusammenarbeit mit dem Presbyterium, unterbrach sie mich irgendwann und stellte fest: „Sie haben ja aber auch oft Alleingänge gemacht, schwerwiegende Dinge ohne das Presbyterium entschieden. Zum Beispiel haben sie alleine die Kirchenfenster bestellt.“ Ich öffnete meine Aktenordner, zog den betreffenden Beschlussauszug der Presbyteriumssitzung heraus und reichte ihn ihr an. Der Beschluss, Michele Canzoneri mit der Gestaltung der Kirchenfenster zu beauftragen, war einstimmig. Ich forderte sie auf, weitere derartige Punkte zu nennen, ich sei bestens ausgerüstet mit den Protokollen hierher gekommen, um jede Frage zu beantworten. Aber von Alleingängen könne keine Rede sein. Die Briefe an das Landeskirchenamt mit derartigen Inhalten seien allein Frucht der Verleumdungsstrategie der Presbyter und meiner Kollegin in der Öffentlichkeit. Sie stellte danach keine derartigen Fragen mehr.

Mein Anwalt nahm meinen Gedankenfaden regelmäßig auf und führte ihn juristisch weiter. Er war glänzend vorbereitet, hatte alle Vorgänge abrufbar im Kopf und agierte mit glänzender Rhetorik. Er stellte dar, welche Mühe wir uns gemacht hatten, vom Presbyterium das Zugeständnis der Gegendarstellung zur Erklärung vom 8. März zu fordern. Die Gegenseite habe nicht einmal geantwortet. Die Klage habe er postwendend einreichen wollen, aber sein Klient habe ihn zurückgehalten. Ich hätte, so der Anwalt immer nur reagiert, sei niemals offensiv vorgegangen. Aber die Vorgänge, die er in hinsichtlich derer auf dem Tisch habe, die meine Abberufung beschlossen hätten, seien strafrechtlicher Natur und würden ausreichen, ihn den Rest des Jahres zu beschäftigen. Er wolle das aber getrennt sehen von dem Abberufungsverfahren.

Ich wies darauf hin, dass ich vor einem halben Jahr im LKA, einige Zimmer weiter, ein Gespräch mit dem Juristenkollegen von Frau Döring, Herr Boecker, gehabt hatte. Inhalt des Gespräches war Korruption im Presbyterium und im Bauausschuss der Gemeinde. Ich wurde von ihm aufgefordert, die Bauakte

Eitorfs einzureichen. Wenn sich die strafrechtliche Relevanz bestätige, sei die Kirchenleitung gezwungen, von sich aus Klage gegen die betreffenden Personen einzureichen. Man könne strafrechtliche Vergehen im Rahmen der kirchlichen Arbeit als Körperschaft öffentlichen Rechts nicht dulden. Ich hatte danach die so genannte Bauakte – es handelt sich eher um eine Loseblattsammlung – eingereicht. Dreimal musste ich in der Folge – dies geschah jeweils nach größeren zeitlichen Zwischenräumen – die schriftliche Bestätigung anfordern, dass die Unterlagen von mir eingegangen seien. Dann  erst erhielt ich  die schriftliche Antwort auf dem Dienstwege. In unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang – so erklärte ich in der Anhörung -, nämlich innerhalb von zwei Wochen nach dem Erhalt der Bestätigung – war der Abberufungsantrag auf dem Tisch und öffentlich.

RA Belitz wies daraufhin, dass ich bei den ganzen Auseinandersetzungen meinen Anwalt selber bezahlen müsse, während das Presbyteriumsmitglieder sich die Anwälte aus der Kirchenkasse finanzierten. Er bezeichnete das als Ungeheuerlichkeit.

Nach weiteren Erläuterungen und Klarstellungen meinerseits, ich beschrieb ausführlich den Werdegang des Konfliktes, erklärte Frau Döring nach etwas mehr als einer Stunde: „Wissen Sie, Ihre Erklärungen und Begründungen, das ist alles nicht wichtig. Der § 84 macht eine Begründung überflüssig. Fest steht, es gibt einen Konflikt in Eitorf. Gegen Sie wurde ein Abberufungsantrag gestellt, also wird das beschlossen.

An dieser Stelle schaltete sich Dr. Fernau ein. Er hatte bis dahin nur zugehört. Er beschrieb erst seine verschiedenen Verantwortungsbereiche im Bereich der Politik, später in der Wirtschaft. Er sprach von seiner jahrzehntelangen Kenntnis meiner Person, von meinen Fähigkeiten und Begabungen. Er sprach von Personalproblemen und wie damit umgegangen werden kann und muss. Er verwies darauf, dass die Kirchenleitung diesen Konflikt in Eitorf viel zu lange hatte währen lassen, ohne hilfreich und klärend einzugreifen. „Da sind schwerwiegende Fehler gemacht worden.“

Dann kam er auf Kirche zu sprechen. Nach seiner Meinung sei zu fragen, was man von Kirche erwarten könne im Umgang mit Menschen, die in Konflikten stehen. In diesem Fall sei es sicher die einfachste Lösung, abzuberufen. Aber wie wird man damit dem Betroffenen gerecht und seiner Familie. Was wird dabei aus der Gemeinde und dem dortigen Konflikt. Wie viele Menschen würden sich in der Folge einer solchen Abberufung von der Gemeinde abwenden oder der Kirche ganz den Rücken kehren. Er selber würde sich dann an Friedrich Nietzsche erinnert fühlen und nannte das betreffende Zitat: „Sie müssten erlöster aussehen, die Christen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“ Nach seiner Meinung müsse Kirche mit einem solchen Konflikt anders umgehen als in Form einer Abberufung. Und er riet dringend dazu, eine friedliche Lösung zu suchen. Der Redebeitrag war sehr lange. Er wurde von keiner Seite unterbrochen. Frau Döring war davon sehr betroffen. Nach einer Weile sagte sie schließlich: „Ich danke Ihnen für diese Worte.“

RA Belitz verwies auf eine Flut von Prozessen, die auf den Abberufungsbeschluss folgen würden. Er beschrieb, dass ich in der Vergangenheit nie agiert, sondern immer nur reagiert habe. Das machte er an verschiedenen Beispielen deutlich. Er erinnerte auch daran, wie die Gemeinde in finanzieller Hinsicht mit mir  umgegangen sei. Beträge, die mir ganz eindeutig zustünden würden nicht gezahlt. Ob es die rückwirkend zu erstattenden Auslagen für die Amtsräume bis 1990 gehe, oder die Vermögensschäden, die wir durch den Schimmelbefall im Pfarrhaus Stiftstrasse erlitten haben, es werde überall gemauert und blockiert. Ich fragte Frau Döring, ob ihr der Verzicht auf  fast 30.000,- € leicht fallen würde, wenn sie gerade gezwungen gewesen wäre, ein Haus zu bauen, weil die Gemeinde kein bewohnbares Objekt angeboten hatte.

Im Folgenden wurden verschiedene Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Frau Döring wies darauf hin, dass ich ab Mai 2010 ohne finanzielle Verluste, ohne Abzüge bei der Pension in den Ruhestand gehen könnte. Ab sofort würde ich freigestellt. Das lehnte ich ganz eindeutig ab mit der Begründung, ich müsse erst die Arbeiten, die ich begonnen habe, zu einem guten Ende führen. Als Beispiel nannte ich die Konfirmandenarbeit, von der ich die feste Absicht hätte, sie mit der Konfirmation im Mai abzuschließen, die Trauungen und Taufen, die ich zugesagt und vereinbart hatte. Ich beschrieb, dass ich mich seit geraumer Zeit ohnedies fast ausschließlich auf Seelsorge und Verkündigung konzentriert hätte. Aus Verwaltungsfragen hielte ich mich seit langem heraus. Dann machte ich einen Vorschlag, ein Friedensangebot,  das mir inhaltlich allerdings nicht leicht fiel. Dabei fragte ich nicht danach, wer die Verantwortung für die Spaltung der Gemeinde trug, wer sie bewusst und vorsätzlich herbeigeführt hatte und das ich in dieser Sache das Opfer war. Mein Angebot hatte einzig den Zweck, die Gemeinde heil aus dem Konflikt hervorgehen zu lassen, sie nicht in monate- und jahrelange Auseinandersetzungen zu verwickeln.  Ich könne mir durchaus vorstellen, – so sagte ich -, mich zu einem festzulegenden Zeitpunkt ca. Mitte 2010 aus der Gemeindearbeit in Eitorf zu verabschieden.  Nicht um dann in den Ruhestand zu gehen, sondern um danach bis zum 65- zigsten Lebensjahr eine

Tätigkeit im Bereich der Landeskirche wahrzunehmen. Eine solche Lösung fand im Kreis allgemeine Zustimmung. Und es herrschte Erleichterung bei allen Gesprächsteilnehmern, dass nun gemeinsam eine kirchliche, christliche, friedliche Lösung angestrebt wurde, anstatt in Streit und Unfrieden auseinander zu gehen.

Es wurde vereinbart, dass ich bis Ende September meine konkreten Vorstellungen, was den Abschluss meiner Gemeindearbeit angeht, aber auch die Fortsetzung meiner Tätigkeit im Bereich der Landeskirche – beides zu verstehen als Vorschläge und Diskussionsgrundlage – durch meinen Anwalt an das Landeskirchenamt übermitteln werde.

Meine Vorschläge wurden mit Schreiben vom 29. September 2009 durch Rechtsanwalt Belitz weitergereicht. Er ist im Wortlaut auf der Homepage nachzulesen. Die Reaktion des Presbyteriums, an das mein Friedensangebot weitergeleitet wurde, war ablehnend. Von der anderen Seite gab es zu keinem Zeitpunkt irgendein Friedensangebot. Stattdessen wird in immer neuen öffentlichen Erklärungen von Frau Henschel – zuletzt im Gemeindebrief zu Weihnachten – gestreut, das Ehepaar Thumm trage Unfrieden in die Gemeinde, nachdem es zuvor alle Friedensangebote der Gemeinde abgelehnt habe.

Wo bleibt die Wahrhaftigkeit, wenn man so mit der Wahrheit umgeht. Wo bleibt die Glaubwürdigkeit von Kirche?

gez.
Rolf Thumm

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