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Beurlaubung und Abberufung von Pfarrer Thumm

2009 November 6
von Familie Knabenschuh

Ein Schreiben von Familie Knabenschuh an den Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Herrn Nikolaus Schneider und die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Frau Margot Käßmann.


Eitorf, den 06.11.2009

Betrifft: Beurlaubung und Abberufung von Herrn Pfarrer Thumm

Sehr geehrter Herr Präses Schneider,

mit großer Enttäuschung und großem Ärger haben wir zur Kenntnis genommen, wie Sie mit dem Konflikt in der evangelischen Kirchengemeinde in Eitorf umgehen. Wir können in keinerlei Hinsicht nachvollziehen, wie Sie in dieser Angelegenheit vorgegangen sind, und wir können in keinster Weise befürworten, wie Sie entschieden haben.

Wir können einfach nicht verstehen, dass Sie einen Pfarrer, der über Jahre und Jahrzehnte im Dienste der Kirche und seiner Gemeinde stand, der sich mit seiner Frau zusammen über alle Maßen im Auftrag der Kirche, im Sinne des christlichen Glaubens und zu großem Nutzen und Vorteil für die Gemeinde vor Ort eingesetzt hat, vor die Tür setzen, in dem Wissen darum, dass Sie ihm damit mindestens einen großen Imageschaden zufügen, völlig abgesehen von der
Versorgungslücke, die dadurch nach unserer Erwartung für die Gemeinde entsteht. Ebenso wenig können wir verstehen, wie Sie mit Pfarrer Thumm dabei umgehen; es ist unfassbar, dass er regelmäßig aus der Presse erfährt, was Sie als nächstes, seine Person betreffend, entschieden haben, ohne dass er vorher von Ihnen informiert wurde. Wir können nicht verstehen, dass Sie maximal zur Kenntnis nehmen, wenn ihm die Kirchentür vor der Nase zugeschlagen und sogar die Schlösser ausgetauscht werden, damit er, offizieller Vertreter der evangelischen Kirche und aufgrund seiner Berufung als Pfarrer mit besonderen Pflichten versehen, unsere Kirche nicht mehr ohne „Aufsicht anderer Funktionsträger (?)“ betreten kann, wenn man seiner Frau, die über Jahre und Jahrzehnte ehrenamtlich für die Kirche arbeitete, jegliche weitere Tätigkeit verbietet, wenn Sie auf seine mehrfach unterbreiteten Kompromissangebote in keinster Weise eingehen und stattdessen das Presbyterium befragen und sich regelmäßig in dessen Sinne positionieren.

Er hatte angeboten, sich im Zuge eines Austauschs aller Personen, die in unserer Kirchengemeinde Ämter bekleiden, ebenfalls zurückzuziehen, so dass mit einer völlig neuen und unvorbelasteten Mannschaft ein echter Neuanfang gemacht werden kann, mit einer Mannschaft, die am ehesten von beiden Seiten akzeptiert und mittragen werden dürfte. Als nächstes hatte er dann sogar einen „geordneten Ausstieg“ seinerseits bis Mai 2010 angeboten, verbunden mit der bescheidenen Bitte, anschließend noch seelsorgerisch tätig sein zu „dürfen“ (nach unserem Verständnis ist er aufgrund seiner Berufung zum Pfarrer sogar dazu verpflichtet). Was soll er denn noch anbieten, und was wurde vom Presbyterium angeboten?

Sie nehmen wir wahr als Vollzugsorgan des Eitorfer Presbyteriums, das übrigens, wie Sie wissen, nur noch aus drei von der Gemeinde tatsächlich gewählten Mitgliedern besteht.

Verschonen Sie uns bitte mit Belehrungen über das Kirchenrecht, die Regeln sind uns soweit bekannt, wir sind uns darüber im Klaren, dass die Nachbesetzung der frei gewordenen Stellen rechtmäßig war. Und doch fragen wir nach Anstand, Fairness und einem vernünftigen und wirklich demokratischen Umgang. Sie wissen, dass ein nicht unbedeutender Teil der Gemeinde, zu dem wir auch gehören, bereits mit dem Antrag auf Abberufung des Pfarrers nicht einverstanden war und sich lautstark dagegen ausgesprochen hat. Das Presbyterium hatte dann halt, wie Sie auch wissen, an einem anderen Ort getagt, unsere Rufe ignoriert und über unsere Köpfe hinweg entschieden. Wir meinen, ein ernsthaft nach einer Lösung des Konflikts suchendes Presbyterium hätte sich bei dem Stand der Diskussion, den wir bereits zu diesem Zeitpunkt hatten, erneut, und dann eben außerhalb des üblichen Turnus, zur Wahl gestellt. Dass das nicht passierte, überrascht uns inzwischen nicht mehr; die Motive dieser „Gemeindevertretung“ bleiben uns gänzlich verborgen. Völlig klar ist uns hingegen, dass für das unseres Erachtens zweifelhafte Handeln des Presbyteriums unsere Steuergelder verwendet werden. Belehren Sie uns bitte auch nicht hinsichtlich der Regeln, nach denen Kirchensteuern verwendet werden sollen und können, die sind uns ebenfalls soweit bekannt. Wir können Ihnen aber unabhängig davon versichern, dass wir die Kirchensteuer dann zu zahlen bereit sind, wenn sie, für uns nachvollziehbar, im Sinne des Christentums für „unsere“ Kirche und „unsere“ Kirchengemeinde verwendet wird, und nur genau dann!

So wenig wir das Presbyterium und sein Handeln verstehen, so schlimm finden wir, dass Sie all das zulassen. Eine Kirchenleitung, die an einer Lösung des Konfliktes ernsthaft interessiert ist, müsste unseres Erachtens nach einer Lösung suchen, bei der beide Lager, die nun leider entstanden sind, wieder zusammengebracht werden. Sie dagegen haben sich mit Ihrer Entscheidung für das Presbyterium und die eine Seite gegen Pfarrer Thumm und die andere Seite
entschieden. Zu dieser anderen Seite gehören wir auch. Wir lehnen aus den genannten Gründen den Quasiausschluss unseres Pfarrers ab, und wir beklagen, dass Sie sich damit auch gegen uns entschieden haben, wir fühlen uns ebenfalls ausgeschlossen!

In aller Konsequenz können wir uns mit dieser Kirche nicht mehr identifizieren, wenn Sie an der Entscheidung, Pfarrer Thumm abzuberufen, festhalten. Sollte diese Entscheidung rechtskräftig werden, wird sein letzter Tag in „seiner Kirche“ also leider unser letzter Tag in der evangelischen Kirche sein müssen. So schwer uns dieser Schritt auch fiele, wir müssten ihn dann konsequenterweise tun und uns eine andere Zuflucht suchen. Ihnen würden wir dann allerdings vorwerfen, uns durch Passivität, Fehlentscheidungen und einen inakzeptablen Umgang zu diesem Schritt getrieben zu haben.

Es würde uns – für Pfarrer Thumm und uns – sehr freuen, wenn Sie den Beschluss zu seiner Abberufung zurücknehmen und nach einer Lösung für die gesamte Gemeinde suchen würden, eine Lösung, welche die Kirchengemeinde in Eitorf tatsächlich wieder eint.

Investieren Sie bitte nicht in eine Antwort auf unser Schreiben, investieren Sie stattdessen bitte in die Suche nach einer echten Lösung des Konfliktes; ein Vorschlag, der unseres Erachtens machbar wäre, wurde ja bereits unterbreitet. Wir erfahren dann sicher aus der Presse, was Sie veranlasst haben und wissen dann, was wir tun müssen.

Wir möchten Sie nicht darüber in Unkenntnis lassen, dass wir dieses an Sie gerichtete Schreiben auch an die Presse geben werden.

Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen
Familie Martin Knabenschuh

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